Das Pferd als Partner : )

DAS PFERD ALS PARTNER
Oberste Priorität meines Handelns beim täglichen Umgang mit dem Pferd bzw. auch bei der Ausbildung ist mein Wunsch, das Pferd stets als Partner zu behandeln.
Was konkret bedeutet dies für mich?
Natürlich nicht, das Pferd als menschlichen Partner zu sehen ; ) sondern im Umgang auf ähnliche Regeln zu achten:
Das Pferd soll mit Respekt behandelt werden – auch ein Pferd hat seine Würde!
Konkret bedeutet dies für mich im Umgang mit dem Pferd:
1.     So FREI wie möglich: Egal, was ich gerade mit dem Pferd mache – der Grundgedanke dabei ist stets, so wenig wie möglich und so viel wie nötig dafür zu verwenden. Das Pferd als Fluchttier(!) darf niemals in eine bestimmte Haltung gezwungen werden – daher scheiden sämtliche Hilfszügel oder Beinlongen für mich aus.
Aufgabe ist es, dem Partner Pferd die Aufgaben bzw. Lösungswege zu erklären – und nicht, sie erzwingen zu wollen!

2.     Mit so viel FREUDE wie möglich (positiver Verstärkung): Ein Pferd lernt im Kontext mit seinem Umfeld. Ist die Situation während des Lernens geprägt von spielerischer Leichtigkeit und viel positiver Verstärkung (Leckerlis), so wird das Pferd die unter diesen Voraussetzungen erlernten Lektionen auch positiv besetzen und stets motiviert dazu sein, diese auch selbstständig zu zeigen : )
(Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass erlebte negative Erfahrungen ebenfalls mit den dabei gelernten Lektionen verknüpft werden und dann negativ besetzt sind. Auch dann zeigt ein Pferd sie u.U. selbstständig, allerdings aufgrund von Angst im Nacken – s.u.…)

3.     SCHMERZFREI: Ein Pferd besitzt ein sehr ausgeprägtes Schmerzgedächtnis – Schmerzerfahrungen brennen sich tw. für immer ein! Es ist sehr unfair und brutal, Schmerzen als Mittel zum Zweck einzusetzen.
Zäumungen, Gerte, Sporen… Ist man sich nicht sicher, ob ein Ausrüstungsgegenstand, den man verwenden möchte, evtl. Schmerzen beim Pferd verursachen könnte, so sollte man sich so intensiv wie möglich damit auseinandersetzen – zum Thema „Gebisse“ gibt es z.B. jede Menge Forschungsergebnisse (weshalb ich auch auf Gebisse komplett verzichte).
Bei Gerte und Sporen macht es Sinn, sie an sich selbst auszuprobieren (kein Witz, das mache ich auch!), um herauszufinden, wie man sie einsetzen muss, damit sie zwar spürbar/wirkungsvoll sind, aber noch nicht schmerzen! Wenn man es auf der Haut ohne Pulli/Hose ausprobiert und in derselben Dosierung (nicht schummeln!) dann beim Pferd anwendet, ist davon auszugehen, dass sie dem Pferd dann nicht weh tun, zumal die vierbeinigen Partner auch über eine dickere Haut sowie Fell verfügen.
Auch sämtliche Halfter/gebisslose Zäumungen kann man sich gut ums Bein schnallen und daran probeweise mit steigender Intensität ziehen.

4.     KONSEQUENT UND FAIR: Natürlich klappt nicht immer alles genau so , wie man es sich wünscht – das Pferd funktioniert eben nicht immer auf Knopfdruck (der Partner Mensch ja auch nicht) ; )
Damit die Partnerschaft funktioniert, müssen die Regeln klar abgesteckt sein. Damit ein Pferd diese Regeln kennt, müssen sie ihm vorher natürlich erklärt werden. Bei Nicht-Einhaltung der Regeln (z.B. wenn mein Pferd mich beim Führen überholen möchte, obwohl es weiß, dass es maximal auf Schulterhöhe bei mir laufen soll) muss natürlich reagiert werden – und zwar ruhig und konsequent, wobei auch hier gilt, so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Gutes Timing und Fingerspitzengefühl sind hierbei besonders wichtig.

DER WEG IST DAS ZIEL. Jeder auch noch so kleine Ausbildungsfortschritt, der unter Einhaltung dieser Regeln erwirkt wurde, ist ein großer Grund zu Freude : )
Im Umkehrschluss bedeutet es für mich:
Jede noch so grandios anzuschauende Leistung, sei es unter dem Sattel oder am Boden, zu deren Erreichen die Regeln nicht eingehalten wurden, haben für mich keinen Wert.
Auch dann nicht, wenn sie schlussendlich ohne Hilfsmittel gezeigt werden können bzw. ganz frei…
Hier möchte ich jede/n ermutigen, wirklich GANZ GENAU hinzuschauen und unbedingt auch den Ausbildungsweg genau unter die Lupe zu nehmen:
Geht es dem Menschen, der z.B. gerade mit seinem Pferd „Freiheit und Harmonie“ demonstriert, auch wirklich darum, IMMER so frei und harmonisch wie möglich mit seinem Pferd zusammen zu sein und einen glücklichen Partner an seiner Seite zu haben? Ist sein gesamter Weg hin zu dem gerade Gezeigten ebenfalls von Harmonie und möglichst viel Freiheit geprägt bzw. wurde das Pferd die ganze Zeit über fair als Partner behandelt? : )
Oder geht es dem Menschen darum, „Freiheit und Harmonie“  vorzutäuschen, um die Träume eines jeden Pferdemenschen zu befriedigen und auf diese Weise Erfolg/Ansehen einzuheimsen –  während der Ausbildungsweg zu dem gerade Gezeigten keineswegs harmonisch und frei verlief (z.B. Rollkur, Hilfszügel, Beinlongen, massiver Sporen- oder Gerteneinsatz, scharfe Gebisse u.ä...)?
Es ist ganz schwer, sich ein präzises Bild über den durchlaufenen Ausbildungsweg eines Pferdes zu machen, weil die Ausbildung ja häufig hinter geschlossenen Türen bzw. auch schlicht ohne Zuschauer erfolgt.
Einige Ausbilder/Innen stehen ja offen hinter ihrem Konzept, auch wenn es Elemente der Zwangsunterwerfung enthält – dann ist es natürlich einfach, sich dafür/dagegen zu entscheiden.
Bei allen anderen ist man selbst gefragt, sich ein realistisches Bild zu verschaffen…
Schon oft war ich von einer Vorführung begeistert (sei es Horsemanship, sei es Reiten) – um danach um so enttäuschter zu sein, wenn der gewählte Weg zum Ziel so gar nicht meinen Vorstellungen entsprach.
Dennoch besuche ich so oft wie möglich Seminare und Veranstaltungen (auch wenn ich weiß, dass der/die AusbilderIn die Pferde eventuell nicht nach meinen Idealvorstellungen ausbildet), um Ideen zu sammeln, was ich meinem eigenen Pferdchen noch so beibringen könnte.
WIE ich meinem Pferd dann meine neuen Ideen vermitteln möchte, kann ich mir selber in Ruhe überlegen bzw. auch ausprobieren – für den Ausbildungsweg meines Pferdchens bin ich schließlich selber verantwortlich. Und ich gehe mit mir selber genauso kritisch um wie mit allen anderen auch ; )

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